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Eigentlich sollte ich ihn nur beim Texten unterstützen. Wenn ich das tue, dann tauche ich vollkommen in das Thema ein. So sprachen wir bei unseren Telefonaten auch immer wieder über die Themen Demenz und Tod eines geliebten Menschen, Themen, die mich persönlich sehr bewegen. Der Funke sprang sofort und es waren wunderbare Gespräche mit einem wunderbaren Menschen:

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Gerd und seine geliebte Cockerspaniel-Dame Gina (15 J.), die sehr krank war und dank seiner liebevollen Pflege wieder fit wurde

Gerd Neubauer (Psychosoziale Praxis für Trauerbegleitung und Verlustbewältigung im Burgenland und in Wien) – er ist ein Mensch, der so offen und herzlich und fröhlich ist, dass man ihm gar nicht anmerkt, was er schon alles erlebt hat.

Allerheiligen und Allerseelen stehen vor der Türe – gerade in dieser Zeit, in der alles trüb und trist erscheint, die Bäume mehr und mehr ihre Blätter verlieren, wo wir über den Tod vermehrt nachdenken und unserer geliebten Verstorbenen gedenken, gerade jetzt ist Gerd ein Lichtblick mit seinen liebevollen Betrachtungsweisen.

Gerd, was tust du genau? Für wen bist du da mit deinem Tun?

Ich begleite Menschen ein Stück auf ihrem Lebensweg. Nämlich dann, wenn er besonders unwegsam vor ihnen liegt. Ich begleite sie in ihrer Trauer nach einem schmerzlichen Verlust – überwiegend nach dem Tod eines geliebten Menschen, manchmal aber auch bei Verlust des Partners/der Partnerin durch Trennung, bei Gesundheitsverlust, beim Verlust des Arbeitsplatzes – in ein Leben danach.

Und das in eigener Praxis, in Form von Einzelbegleitung, Familien- und Gruppenbegleitung, wie z.B. in Unternehmen und in Seminaren. Zudem konzipiere und führe ich Seminare und Trainings für Menschen in Gesundheitsberufen und Menschen, die ebenso andere Menschen begleiten, durch.

Das sind keine einfachen Aufgaben, die du hast, aber es erfüllt dich – warum? Was ist es, was dich zu diesen Themen gebracht hat?

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Es ist meine Liebe zum Menschen und zur Arbeit mit dem Menschen. Aber auch die in jeder Begegnung immer wiederkehrende Hoffnung in mir, dass ein verletztes Herz soweit heilen kann, um wieder schöne Momente wahrnehmen zu können und dass es ein l(i)ebenswertes Leben „danach“ geben kann. Der Verlust eines geliebten Menschen verändert uns und unser Leben von einem Tag auf den anderen. Nichts ist mehr, wie es war und nein, es kann auch nicht mehr so werden, aber es kann anders werden. Diese Hoffnung dürfen wir haben! Wir müssen mit diesem Verlust erst zu leben lernen. Das ist eine der schwierigsten Aufgaben, vor der wir stehen.

Es ist auch meine innere Überzeugung, wie Viktor Frankl schon sagte, dass der Sinn jeder Krise Entwicklung ist. Dass wir durch jede Krise wachsen und aus ihr gestärkt hervorgehen können, wenn wir sie als Chance erkennen und sie nützen, um an uns zu arbeiten. Wir erleben Veränderung, Entwicklung und Neuorientierung in keiner anderen Lebenslage so intensiv, wie durch einen Verlust. Durchleben wir diese Krise und integrieren wir diesen Verlust in unser Leben, dann können wir z.B. vielleicht auch anderen Menschen helfen, die Hilfe brauchen. Ich kenne viele Leiderfahrene, die zum Beispiel einen geliebten Menschen verloren haben und heute anderen helfen und beistehen.

Das ist etwas, was wirklich hilft, das ist bewiesen! Woher kommt das, dass du dich genau mit diesen Themen beschäftigst und Menschen in so schwierigen Situationen begleitest?

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Gerd mit seiner geliebten Oma

Als Kind war ich nach meiner Geburt sehr krank. Mit 5 Jahren habe ich meinen Vater durch Trennung verloren. Er brach den Kontakt zu mir vollkommen ab, er verließ mich gänzlich. Das war sehr schlimm für mich, denn ich wusste damals nicht, was passiert war und warum. Heute ist mir vieles klarer. Ich bin dann bei meiner Oma in einem großen Haushalt aufgewachsen  – deshalb auch diese intensive Verbindung zu meiner Oma! -, mit vielen Großtanten und lernte so die Demenz in allen Phasen kennen. Die erste Konfrontation mit dem Tod hatte ich als zehnjähriger Bub. Grundsätzlich war immer ich derjenige, der zum Sterbebett hingegangen ist und nie davon lief.
Noch heute sitze ich in meiner Hospizarbeit am Bett Sterbender und spreche mit ihnen, versuche ihre Sprache zu verstehen und zu deuten. Natürlich stehe ich auch in Kontakt mit den Angehörigen.

Der Tod war in unserer Familie immer präsent, es starben meine Großtanten, mein Opa, und in meinen freiwilligen Praxismonaten im Krankenhaus auf der Station war der Tod auch sehr präsent. Auch da trat ich ans Bett sterbender Menschen, um die sich im Spitalsalltag damals niemand ausreichend kümmern konnte. Ich spürte so ein starkes Mitgefühl in mir und so schaute ich jede freie Minute zu ihnen und hielt ihre Hand.

Ja, und dann war da auch mein eigenes Erlebnis, in dem ich selbst dem Tod sehr nahe war, an der Schwelle stand, einen Schritt weiter blicken durfte…. eine Erfahrung, die mein Leben total veränderte, jegliche Angst von Tod und Sterben in mir auslöschte (mehr dazu auf Gerds Website).

Du hast viel gewonnen durch dein einschneidendes Erlebnis, auch einen vollkommen neuen Blickwinkel, der es dir möglich macht, genauso zu arbeiten wie du es tust! Es gibt viel zu lernen und viele schöne Geschenke in deiner Arbeit…

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Jeder Verlust und jeder Mensch ist einzigartig und deshalb gleicht keine Trauer der anderen. So lerne ich selbst in jeder Begegnung immer wieder dazu. Oft hält mir der/die Trauernde durch sein Sein, wie er ist, einen Spiegel vor, indem ich Teile meines Innersten wahrnehmen kann. Das heißt, ich erkenne mich in den Verhaltensweisen, ausgedrückten Gefühlen etc. des trauernden Menschen und werde so in meiner eigenen Erkenntnis und Entwicklung reich beschenkt.

Du hast sehr viel mit traurigen Themen zu tun, mit Abschied, Trennung – gibt es dennoch Glücksmomente bei deinem Tun?

Es sind grundsätzlich die kleinen Erfolge, die ein Mensch nach einem schmerzlichen Verlust auf seinem Weg erlebt und die Momente der Freude für mich sind. Meist kann er diese Entwicklung aber selbst nicht sehen, weil sein verschwommener Blick noch immer sehr konzentriert auf den unwegsamen Weg vor sich gerichtet und seine Wahrnehmung nur auf diesen grausamen innerlichen Schmerz konzentriert ist. Und so ist eine meiner Aufgaben, ihm diese kleinen Schritte zu zeigen, die er gemacht hat.

Es ist für mich immer wieder schön zu sehen, welch unglaublichen Ressourcen in einem Menschen stecken, wie sich der Mensch in einer so schwierigen Zeit entwickelt, was sich ergibt. Er selbst kann das aber noch nicht sehen. Wenn wir dann nach einer gewissen Zeit auf den gemeinsam gegangenen Weg zurückblicken, erkennen wir beide meistens, dass sich neben dem schmerzlichen Umstand und der Schwerstarbeit auch etwas Schönes ergeben hat. Und indes eröffnet sich für den trauernden Menschen und mich eine stille Freude, die Mut macht, den Weg weiterzugehen.

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Gerade nach dem Tod eines unendlich geliebten Menschen, scheint dieser für den trauernden Menschen verloren. Ja, die körperliche Abwesenheit und dass wir mit unseren 5 Sinnen ihn nicht mehr erfassen können, verursacht Ohnmacht, tiefe Traurigkeit, Angst, Orientierungslosigkeit, Schuldgefühle etc.

Der geliebte Mensch scheint also für immer verloren und doch ist da etwas ganz Wichtiges, das den Menschen doch nicht ganz sterben lässt – nämlich unsere Liebe zu ihm, die uns über den Tod hinaus für immer verbindet. Sie ist es, die nach Ausdruck sucht und schmerzt, wenn sie nicht ausgedrückt werden kann.

Dazu bedarf es an einer neuen, inneren Beziehung zum geliebten verstorbenen Menschen. Diese neue Beziehung aufzubauen und zu festigen, ist eine Aufgabe, vor der wir, Trauernder und Begleiter, stehen. So kann der zutiefst verletzte Mensch den Verlorengeglaubten (in einer anderen Form) wiedergewinnen und die Liebe zu ihm ausdrücken.

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Es ist auch ein Moment der stillen Freude für mich, wenn diese neue innere Beziehung gefunden wird und der Trauernde den geliebten Verstorbenen als seinen wichtigsten Begleiter in seiner Trauer und auch auf seinem weiteren Lebensweg wiedererkennt. Es ist eben „nur“ anders, dass diese Beziehung in einer anderen Form weitergeht, dass sie sich „nur“ verändert.

Ein Glücksmoment ist sicher, wenn ein trauernder Mensch wieder seinen Blick in Richtung seines eigenen zukünftigen Lebens richten kann, er „die Schmetterlinge husten hört und dann weiß, wie Wolken schmecken“.

Gibt es da denn auch so etwas wie „Erfolge“, wenn man das in dem Bereich so nennen kann!?

Mein schönster, größter Erfolg war es, durch meine eigenen intensiven Erfahrungen mit dem Tod, selbst zu erkennen, dass unser Leben ein wertvolles Geschenk ist. Dass es sich lohnt zu leben und dieses innere Gefühl von Zufriedenheit zu spüren. In der Arbeit mit Menschen gibt es für mich eigentlich keinen schönsten, größten Erfolg.

Es gibt viele große und schöne Erfolge. Zu erkennen sind sie u.a. dann, wenn Menschen gegen Ende der Begleitung zum Beispiel zu mir sagen: „Mein Herz ist nicht mehr so schwer und dieser fürchterliche bzw. grausame Schmerz und Druck ist nicht mehr da. Ich kann jetzt vor allem diese unendliche Liebe spüren, die uns für immer verbindet.“ Oder: „Ich kann die Sonne wieder sehen, all die schönen Dinge des Lebens wieder wahrnehmen und mich auch daran erfreuen.“

Das ist ein unglaublicher Erfolg und bestätigt mich auch darin, dass es sich lohnt, in der Trauer Hilfe zu suchen und dass es keine Schwäche ist, sondern wirkliche Stärke!

Was liebst du an deiner Arbeit besonders?

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Was ich an meiner Arbeit am meisten liebe: Wenn Menschen sich mir gegenüber öffnen und ich ihnen in ihrem Schmerz nahe sein darf, weil sie mir großes Vertrauen schenken. Das ist für mich von so großem Wert und ich empfinde auch tiefe Dankbarkeit. Es ist für mich, als öffneten sie mir ihren geheimen Raum. Sie erlauben mir, alles genau anzusehen und zu begreifen. Ich nehme ihnen nichts weg, sondern lasse oder stelle alles wieder an seinen Platz.

Dann erzähle ich ihnen mit meinen Worten, was ich gesehen habe, u.a. welch kostbaren Schätze ich wahrgenommen habe, um sich verstanden zu fühlen und vielleicht den eigenen Blick darauf richten zu können, wonach sie gesucht haben oder was sie nicht sehen konnten. Oder anders gesagt: Menschen legen mir etwas in meine Hände und lassen es mich betrachten. Ich sehe es mir an und gebe es ihnen mit meinen Worten, aus meinem Herzen, ohne zu bewerten zurück und plötzlich ändert sich auch ihre Perspektive.

In der Trauerbegleitung nach dem Tod eines geliebten Menschen, sehe ich es als meine Aufgabe zu unterstützen, diese neue Beziehung zum Verstorbenen zu finden und zu gestalten. So führe ich sie auf eine gewisse Art und Weise wieder zusammen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine, liebe Elisabeth.

Ja, das hast du schön in Worte gefasst. Die Verbindung ist ja da und bleibt auch und du zeigst, wie das gehen kann.

In meinen Trainings ist es mir ein Anliegen, die Menschen vor allem in ihrer inneren Kraft oder in ihrem inneren Licht zu bestärken, sie in ihren Kompetenzen zu fördern, ihre Empathie zu finden und mit allen Sinnen zu folgen lernen und sie letztendlich in der Arbeit mit Menschen zu inspirieren, sodass Arbeit zu mehr als nur Arbeit wird – nämlich Energiespender und Helfer für die eigene Entwicklung.

Das ist es, worum es geht! Hast du da einen Tipp für die Lebensfreude-Blog-LeserInnen, wie die Freude am Tun erhalten bleibt und sich Erfolge einstellen?

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Gerd und seine 15-jährige Cocker Spaniel-Dame Gina – vor 2 Jahren kämpfte sie um ihr Leben, doch Gerd pflegte sie aufopfernd und liebevoll

Seinem eigenen Sein Wert zusprechen – sich selbst annehmen und für das, was man ist und hat, wirklich dankbar sein. Überzeuge dich von deiner inneren Stimme und folge ihr. Verlasse dein Haus und gehe raus in die Welt mit offenem Herzen.

Halte es offen für das Schöne, genauso wie für das Leid. Erkenne den Menschen als wunderbares Wesen mit all seinen individuellen Gefühlen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bedürfnissen und erfreue dich an seiner Umwelt. Beruf darf nicht nur Beruf, sondern muss auch Berufung sein.

Pythagoras sagte schon: „Gegen Schmerzen der Seele gibt es nur zwei Heilmittel: Hoffnung und Geduld.“ Obwohl ich den griechischen Mathematiker und Philosophen als eine große Persönlichkeit seiner Zeit sehr schätze, bin ich der Meinung, dass er zwei wichtige Heilmittel vergessen hat, nämlich: Liebe und Geborgenheit.

Ich glaube, der Erfolg meiner Arbeit mit traurigen und trauernden Menschen beruht vor allem darauf, dass ich durch meine Hilfe versuche, die Flamme der Hoffnung im Menschen mit all seinen Ressourcen zu entfachen, ihm helfe, sich in Geduld für die Erkenntnis und Entwicklung zu üben, ihn die Liebe und Geborgenheit in Form von größter Wertschätzung und besonderem Einfühlungsvermögen spüren lasse, ihm helfe, sich der Liebe und Geborgenheit anderer bewusst zu werden und sie anzunehmen und all das vereint mit einer professionellen Arbeitsweise bzw. Methodik.

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Du hast vor ein paar Tagen ein so schönes Foto von dir und deiner Oma beim Keksebacken gepostet – da geht einem das Herz auf, ihr habt wirklich eine ganz besondere Verbindung!

Ja, sie war damals für mich da, als ich als kleines Kind sehr traurig war und auch heute noch verbringe ich gerne viel Zeit mit meiner Oma, die an Altersdemenz leidet und der ich zu tiefstem Dank verpflichtet bin. Wir reden, singen, tanzen, lachen, weinen, backen gemeinsam… Das gibt auch mir sehr viel. Durch diesen Kontakt und durch die vielen anderen Kontakte mit Sterbenden, Alten und Kranken bin ich draufgekommen: Das letzte Hemd hat doch viele Taschen! Denn die Liebe im Inneren, die nimmt man tatsächlich mit.

Hier findest du Gerd Neubauer und sein Tun im Internet:
www.gerdneubauer.at
www.facebook.com/trauerhilfe.at
Im Dezember 2016 findet in Wien ein Trauerseminar statt: Die Brücke zu dir – Zeit zur Trauer www.gerdneubauer.at/trauerseminar

Aus der Blog-Reihe „I love my job“, in der erfolgreiche UnternehmerInnen ins Scheinwerferlicht geholt werden und ihre Geheimtipps für ihren Erfolg preisgeben!
24.10.2016 Christina Schnitzler, TCM-Ernährungsberaterin und Expertin für die Stoffwechseltypen
17.10.2016 Tania Konnerth, Autorin und Fotografin
10.10.2016 Gisela Schreiber, Bollenmützen
03.10.2016 Karin Weigl lebt bewusstes Leadership vor
26.09.2016 Amo Monika Apfalter berührt Menschen
19.09.2016 Brigitte Zahrl, Karmisches Netzwerk International (KNI)
12.09.2016 Claudia Beer – Seelenlichtenergie und Soulenergywalk
22.08.2016: Carolin Hempel, Tierheilpraktikerin
16.08.2016 Barbara Graber, Coach im Quantenraum
25.07.2016 Petra Lehner, Mentalcoach und Schnellese-Trainerin
18.07.2016 Angela Winkler, Werbeagentur und Glücksnotiz-Blättchen®
11.07.2016 Sylvia Thija´ Nada Kroslin, Gartenarchitektin
04.07.2016 Alexandra Rosit-Hering, systemische Aufstellungen
27.06.2016 Tom Oberbichler, Buchmentor
20.06.2016 Olga Wölfl und ihre Künstleragentur Upperclassic
13.06.2016 Daniela Schul, Erfolgsnetzwerkerin
06.06.2016 Tamara Wassermann, Fotografin
30.05.2016 Bettina Sahling verbreitet Newslichter
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17.05.2016 Maklerin Gabriele Freudenthaler
09.05.2016 Gabriele Steinbach und ihr Geschichten-Netzwerk
02.05.2016 Nadine Rebel, Unternehmensberaterin und Poldance-Lehrerin
25.04.2016 internationale spirituelle Botschafterin Ingrid Auer
18.04.2016 Dorothee Herrmann als DoroFee, Illustratorin, Malerin und Autorin
11.04.2016 Stella Damm und Petra Czanik mit So leben wie ich will
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